2022 Thomas Mann Fellow Andreas Nitsche und Martin Kaplan, USC Annenberg Professor für Unterhaltung, Medien und Gesellschaft, treffen sich im Thomas Mann House, um über die Frage zu diskutieren, wie ein Dialog zwischen polarisierten Teilen der Gesellschaft wieder ermöglicht werden kann.
In den letzten Jahren ließ sich auf beiden Seiten des Atlantiks der Aufstieg des Populismus und damit verbunden eine zunehmende Polarisierung und Radikalisierung beobachten. Sich vermehrt verbreitende Desinformation stellt eine Herausforderung für Demokratien dar, und soziale Online-Netzwerke haben den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung verändert. Demokratische Gesellschaften leiden unter dem Mangel an Dialogbereitschaft, der zwischen unterschiedlichen Teilen der Gesellschaft herrscht. Im Thomas Mann House diskutieren Martin Kaplan, Professor für Unterhaltung, Medien und Gesellschaft an der University of Southern California's Annenberg School for Communication and Journalism, und 2022 Thomas Mann Fellow Andreas Nitsche - auch im Hinblick auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den USA und Deutschland - darüber, was es bedarf, um diese Dialogbereitschaft wieder zu ermöglichen. Sie betrachten dabei den Zusammenhang zwischen Qualitätsjournalismus und der Aussicht auf eine groß angelegte Diskussion, und schauen auf (neue) Kommunikationsstrategien und deren ethische Implikationen.
In den USA sehen sich die gegnerischen Parteien oft als fremd, nicht vertrauenswürdig und von bösen Absichten geleitet an. Oftmals gibt es keine Einigkeit über Fakten, und das Vertrauen in die Wissenschaft schwindet zunehmend. Andererseits ist der unabhängige Journalismus nach wie vor ein Bollwerk der Demokratie, und Debatten können dazu beitragen, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufzubauen. Während Deliberation im Wesentlichen ein Vorrecht kleiner Gruppen geblieben ist, müssen die Herausforderungen des digitalen Zeitalters in großem Umfang durch eine starke digitale Demokratie angegangen werden. Im Thomas Mann House diskutieren Martin Kaplan und Andreas Nitsche darüber, wie neue Formen der Massenkommunikation und die Ausweitung von Online-Diskussionen demokratische Prozesse verbessern und die Gesellschaft als Ganzes beeinflussen können. Welche effektiven Möglichkeiten gibt es für größere Gruppen von Menschen (oder die Gesellschaft als Ganzes), sich produktiv auszutauschen? Wie können Nachrichtenmedien und die Unterhaltungsindustrie zu einer informierten Gesellschaft beitragen, die zu zielführenden Diskussionen fähig ist?
Los Angeles 10:00 a.m. | Berlin 19:00
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Martin Kaplan hält den Norman Lear-Lehrstuhl für Unterhaltung, Medien und Gesellschaft an der USC Annenberg School for Communication and Journalism und ist Gründungsdirektor des Norman Lear Center der School, wo Wirkungen von (Unterhaltung-)Medien auf die Gesellschaft untersucht werden. Zu seinen Forschungsinteressen gehören die Wahlkampfberichterstattung in lokalen TV-Nachrichten, die Wirkung von Gesundheitsratgebern in Unterhaltungsmedien, die Verwendung von Narrativen zur Vermittlung von Wissenschaft und Wirkungen der Aufmerksamkeitsökonomie auf die Demokratie. Kaplan kommt aus Washington und Hollywood an die USC: Er war leitender Redenschreiber von Vizepräsident Walter Mondale und stellvertretender Leiter dessen Präsidentschaftskampagne. Bei Disney war er Studioleiter sowie Autor und Produzent von Spielfilmen, darunter Ein ehrenwerter Gentleman mit Eddie Murphy in der Hauptrolle.
Andreas Nitsche ist Informatiker mit dem Forschungsschwerpunkt demokratische Selbstorganisation und Algorithmen für Gruppenentscheidungen. Gegenstand seiner interdisziplinären Arbeit sind die Chancen und Risiken von Technologien für die Demokratie, für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Inklusion und Konfliktmanagement. Im Rahmen von internationalen Veranstaltungen hat er Vorträge zu den philosophischen, politischen und technologischen Aspekten von Deliberation und glaubwürdiger Entscheidungsfindung gehalten und Workshops durchgeführt. Er ist Vorstand des Interaktive Demokratie e. V. und Mitgründer des LiquidFeedback Projekts. Andreas Nitsche ist 2022 Thomas Mann Fellow.
Eine Veranstaltung des Thomas-Mann-Hauses in Zusammenarbeit mit dem Norman Lear Center an der Annenberg School for Communication and Journalism und dem Interaktive Demokratie e. V.